Vorläufige Eigenverwaltung: Der Wegweiser aus der Krise für Unternehmer

Armin Rezaei Nia

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Vorläufige Eigenverwaltung

Wenn Sie sich mit Ihrem Unternehmen finanziellen Schwierigkeiten gegenüber sehen, gibt es verschiedene Wege einer möglichen Sanierung. Eine solche Möglichkeit kann ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren für Sie sein. Bei diesem Verfahren behalten Sie die Verfügungsgewalt über Ihren Geschäftsbetrieb, anstatt diese an einen Insolvenzverwalter abzugeben. Wann eine vorläufige Eigenverwaltung möglich und sinnvoll ist und wie ein solches Insolvenzverfahren abläuft, können Sie hier nachlesen.

Vorläufige Eigenverwaltung: Ein Lichtblick in schwierigen Zeiten


Die vorläufige Eigenverwaltung ist ein Verfahren im Insolvenzrecht, bei dem ein Unternehmen die Möglichkeit bekommt, sich in Eigenverwaltung zu sanieren. Die vorläufige Eigenverwaltung aufstellt einen Vorgang innerhalb des Insolvenzverfahrens dar und ist somit an ein Insolvenzverfahren gekoppelt und keine eigenständige Sanierungsmaßnahme. 

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt die Kontrolle und Verfügungsbefugnis bei der Geschäftsführung, die lediglich einen Sachwalter an die Hand gegeben bekommt, der für den notwendigen Gläubigerschutz sorgt und dem Insolvenzgericht unterstellt ist. 

Ziel der Eigenverwaltung ist die Abwendung einer Insolvenz und die erfolgreiche Fortführung des Unternehmens.

Rechtliche Basis: Sicherer Rahmen für den Neustart


Die vorläufige Eigenverwaltung ist im § 270a der Insolvenzordnung festgehalten und für Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Selbständige anwendbar. Dafür muss ein Eigenantrag (§ 13 InsO) sowie ein Antrag auf Eigenverwaltung (§ 270 Abs. 2 Nr. 1, 270a Abs. 1 InsO) beim zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden. 

Um das Verfahren erfolgreich umzusetzen und ein Unternehmen aus der drohenden Insolvenz zu retten, bedarf es komplexer insolvenzrechtlicher Kenntnisse, weshalb Schuldnern in Eigenverwaltung eine begleitende Beratung durch einen Experten empfohlen wird.

Schritt für Schritt zur erfolgreichen Sanierung

1.

Beantragung und Genehmigung: Zunächst stellen Sie den Insolvenzantrag zusammen mit dem Antrag auf Eigenverwaltung. Der zuständige Insolvenzrichter wird Ihren Antrag auf folgende Punkte prüfen:

  • Besteht ein ausreichender Grund für eine Insolvenz? 

  • Reicht die Insolvenzmasse, um die Verfahrenskosten zu decken?

2.

Bereits während dieser Prüfung kann das Gericht Ihnen bereits eine vorläufige Eigenverwaltung nach der InsO (§ 270a) genehmigen. Sobald der Insolvenzrichter zu dem Schluss kommt, dass die nötigen Voraussetzungen vorliegen, wird er die Insolvenz in Eigenverwaltung eröffnen.

3.

Bestellung eines vorläufigen Sachwalters: Im Anschluss an die Eröffnung erhalten Sie vom Gericht einen (vorläufigen) Sachwalter gestellt, welcher als Bindeglied zwischen Ihnen, dem Insolvenzgericht und den Gläubigern fungiert. Die Forderungsanmeldung durch die Gläubiger muss dem Sachwalter innerhalb von drei Monaten nach der Insolvenzeröffnung schriftlich vorliegen.

4.

Erstellung und Umsetzung eines Sanierungsplans: Nun liegt es an Ihnen, ein Sanierungskonzept zu entwickeln, dass Ihre Gläubiger überzeugt und Ihr Unternehmen nachhaltig erfolgreich saniert. Der Sanierungsplan muss realistisch und umsetzbar sein und eine klare Zielsetzung besitzen. Dabei sollten Sie alle Faktoren berücksichtigen, die den Erfolg der Sanierung beeinflussen, wie z.B. den Wettbewerb, Ihre Kunden und Ihre Mitarbeiter.

5.

Verfahrensabschluss und Auswirkungen auf das Unternehmen: Ihr Verfahren wird abgeschlossen, sobald Sie Ihren Sanierungsplan erfolgreich durchführen konnten, Ihre Gläubiger zufrieden sind und das Unternehmen aus dem vorläufigen Insolvenzverfahren entlassen wird.

Vorläufige Eigenverwaltung vs. Regelinsolvenz: Der große Vergleich


Die vorläufige Eigenverwaltung und die Regelinsolvenz sind zwei Arten von Insolvenzverfahren, die sich jedoch in einigen Punkten deutlich voneinander unterscheiden:

1

Insolvenzverwalters vs. Sachwalters

Im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren behalten Sie als Schuldner die Kontrolle über Ihre Geschäfte und bekommen lediglich einen Sachwalter gestellt, der Sie bei der Sanierung unterstützen soll. In der Regelinsolvenz übernimmt ein Insolvenzverwalter die Steuerung des Unternehmens und, sodass Sie selbst keine Macht mehr über das Vermögen Ihres Unternehmens haben. Es liegt ein allgemeines Verfügungsverbot vor, sodass Sie nicht mehr über die Insolvenzmasse verfügen können.

2

Zielsetzung

Die beiden Verfahren verfolgen in der Regel unterschiedliche Ziele. Während in der Eigenverwaltung die Sanierung des Unternehmens im Vordergrund steht, wird bei einer Regelinsolvenz das Unternehmen häufig aufgelöst und die Vermögenswerte bestmöglich zur Befriedigung der Gläubiger veräußert.

3

Auswirkungen auf das Unternehmen

Während eines Eigenverwaltungsverfahrens kann das Unternehmen seine Geschäfte fortsetzen und weiterhin in Betrieb bleiben. Bei einer Regelinsolvenz hingegen wird das Unternehmen oft liquidiert, sodass die Mitarbeiter ihren Job verlieren.

4

Einfluss auf die Gläubigerbeteiligung

In der Regel erhalten Gläubiger in einer Regelinsolvenz einen deutlich geringeren Anteil Ihrer Forderungen als bei einer vorläufigen Eigenverwaltung, bei der das Unternehmen saniert werden soll, um den Gläubigern eine möglichst hohe Befriedigung zu ermöglichen.

Sachliche Vorteile: Die Chance für ein erfolgreiches Comeback


Die Eigenverwaltung bietet für betroffene Unternehmen die Chance, gestärkt aus dem Verfahren hervorzukommen und sich wieder erfolgreich am Markt zu etablieren. Daneben ergeben sich aber auch im Verfahren selber deutliche Vorteile für die Schuldner:

  • Unternehmerische Kontrolle bewahren
  • Flexibilität bei der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen
  • Potenzieller Imagegewinn für das Unternehmen
  • Kosteneinsparungen durch effizientere Prozesse

Emotionale Vorteile: Stärkung für Unternehmer in der Krise


Auch für das Image und die Unternehmenskultur bietet die Eigenverwaltung sowohl nach außen als auch nach innen enorme Vorteile:

  • Proaktives Handeln als Befreiungsschlag
  • Selbstvertrauen und Unternehmergeist neu entfachen
  • Persönliche Weiterentwicklung und Lerneffekte
  • Schutz der Beziehungen zu Mitarbeitern und Geschäftspartnern

Erfolgsgeschichten: So haben es andere Unternehmen geschafft


Es gibt eine Reihe bekannter Beispiele erfolgreicher Sanierungen durch vorläufige Eigenverwaltung. Einer davon ist der Modehersteller Gerry Weber. Das Modehaus beantragte im Januar 2019 die Eigenverwaltung und konnte sich erfolgreich sanieren. Bereits im April 2019 hatte das Unternehmen seinen Insolvenzplan umgesetzt und konnte seinen Betrieb erfolgreich fortführen.

Kritische Betrachtung: Potenzielle Risiken und Erfolgsfaktoren

Neben den Vorteilen gibt es bei einer vorläufigen Eigenverwaltung auch Gefahren und Risiken, denen sich Schuldner bewusst sein sollten.

1.

Mangel an Erfahrung: Um eine Sanierung in Eigenverwaltung erfolgreich zu bewältigen, ist eine gewisse Erfahrung und Fachkompetenz ratsam. In vielen Fällen der Eigenverwaltung fehlt diese Erfahrung hinsichtlich der Durchführung, sodass es zu Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts kommen kann.

2.

Belastung der Geschäftsführung: Die Sanierung in Eigenverwaltung findet statt, während das Tagesgeschäft des Unternehmens weiterläuft. Was zum einen als Vorteil gewertet werden kann, bedeutet für die Geschäftsführung zu anderen eine doppelte Belastung und Verantwortung, der sie sich bewusst sein muss.

3.

Verlust von Vertrauen: Auch bei der vorläufigen Eigenverwaltung handelt es sich um ein Insolvenzverfahren. Der Fakt, dass sich das Unternehmen in einer Krise befindet, kann das Vertrauen der Kunden, Lieferanten und Investoren beeinträchtigen. Wenn das Sanierungskonzept nicht erfolgreich umgesetzt wird, kann dies zu einem Verlust von Kunden, Partnern und Investoren führen.

In Eigenverwaltung handeln

Ihr Weg aus der Insolvenz

Wenden Sie sich an einen Experten für Sanierung und Restrukturierung, wenn die Zahlungsunfähigkeit droht und Sie sich einer Insolvenz gegenüber sehen. Mit Verfahren wie der Eigenverwaltung, dem Schutzschirmverfahren oder einem Insolvenzplanverfahren können Sie Ihr Unternehmen restrukturieren und wieder erfolgreich am Markt etablieren. Informieren Sie sich frühzeitig über Ihre Optionen und nehmen Sie das Schicksal Ihrer Firma in die Hand.


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Armin Rezaei Nia

 Über den Autor

ARMIN REZAEI NIA

Unternehmensberater

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