Schutzschirmverfahren: Rettungsanker für Unternehmen in der Krise

Armin Rezaei Nia

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Schutzschirmverfahren

Das Schutzschirmverfahren bezeichnet ein besonderes Insolvenzverfahren in Deutschland, das es Unternehmen ermöglicht, sich eigenständig vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu retten und nachhaltig zu sanieren. 

Erfahren Sie in diesem Beitragen alles über den Ablauf eines Schutzschirmverfahrens, seine Vor- und Nachteile und wann eine Sanierung unter einem Schutzschirm für Ihr Unternehmen sinnvoll sein kann.

Schutzschirmverfahren: Die Sanierungschance nutzen


Grundsätzlich richtet sich das Schutzschirmverfahren an Unternehmen, sie sich in einer finanziellen Krise befinden, aber noch Sanierungspotenzial haben. 

Innerhalb einer Unternehmenssanierung in Eigenverwaltung bekommt das Unternehmen die Möglichkeit, sich zu retten und unter Aufsicht eines Sachverständigen langfristig wieder erfolgreich zu positionieren, während Gläubigerforderungen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und Insolvenzanträge abgehalten werden. 

Für Unternehmen mit drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist das Schutzschirmverfahren demnach eine Chance, sich vor Gläubigern geschützt ein Sanierungskonzept zu erarbeiten und umzusetzen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Rechtliche Grundlagen: Sicherer Rahmen für den Neuanfang


Die gesetzliche Grundlage für das Schutzschirmverfahren ist in § 270b Insolvenzordnung (InsO) geregelt, das besagt, dass ein Insolvenzverwalter oder Schuldner einen Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens stellen kann.

  • Zuständiges Gericht: Für das Schutzschirmverfahren ist das Insolvenzgericht zuständig, bei dem der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens gestellt werden muss. In der Regel handelt es sich dabei um das Amtsgericht, in dessen Bezirk Ihr Unternehmen seinen Sitz hat.
  • Zuständiger Sachwalter: Von Beginn an wird Ihrem Unternehmen im Schutzschirmverfahren ein vorläufiger Sachwalter zur Seite gestellt. Dieser wird vom Insolvenzgericht gestellt und überwacht den Sanierungsprozess. In seiner Rolle als Sachwalter setzt er das Gericht über die Fortschritte der Sanierung in Kenntnis und vertritt die Interessen der Gläubiger.
  • Zuständige Behörde: Wenn Sie ein Schutzschirmverfahren beantragen, muss außerdem die zuständige Steuer- und Sozialversicherungsbehörde informiert werden. Diese prüft, ob die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen Ihres Unternehmens erfüllt werden.

Rechtliche Anforderungen an den Schuldner


Für den Schuldner gelten im Schutzschirmverfahren verschiedene Anforderungen, um das Verfahren erfolgreich durchführen zu können:

  • Vollständige Antragsstellung auf Eröffnung des Schutzschirmverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht: Der Antrag muss dabei sämtliche vorgeschriebenen Angaben enthalten, wie z.B. eine vollständige Beschreibung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, sowie ein sinnvolles Sanierungskonzept.
  • Das Sanierungskonzept: Um für ein Schutzschirmverfahren genehmigt zu werden, muss Ihr Unternehmen ein tragfähiges Sanierungskonzept vorlegen. Das Konzept muss geeignete Sanierungsinstrumente enthalten und deutlich machen, dass eine Sanierung realistisch möglich ist. Achtung: Ihr Sanierungskonzept muss insbesondere auch von Ihren Gläubigern akzeptiert werden.
  • Der Sachwalter: Der vom Gericht gestellte, vorläufige Sachwalter muss akzeptiert und von Ihnen ins Verfahren einbezogen werden.
  • Erfüllung laufender Verpflichtungen: Laufende Verpflichtungen müssen vom Unternehmen auch während des Schutzschirmverfahrens erfüllt werden. Dazu zählen bspw. die Löhne und Gehälter Ihrer Mitarbeiter, sowie Steuer- und Sozialversicherungsabgaben.

Das Schutzschirmverfahren: Schritt für Schritt

1.

Beantragung und Genehmigung: Zu Beginn muss ein Antrag bei dem zuständigen Insolvenzgericht gestellt werden. Voraussetzung für die Ausgangslage ist, dass Ihr Unternehmen noch sanierungsfähig ist. Eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung darf drohen, aber noch nicht eingetreten sein. § 270d Abs. 1 InsO fordert folgende Voraussetzungen für die Einleitung Ihres Schutzschirmverfahrens:

  • Drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, sowie die Bescheinigung darüber, ausgestellt von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt.

  • Vorlage des Eröffnungsantrags des Schuldners 

  • Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung beim Insolvenzgericht 

  • Keine Aussichtslosigkeit der Sanierung 

  • Antrag auf gerichtliche Bestimmung einer Frist zur Vorlage Ihres Insolvenzplans/Sanierungskonzeptes 

Achtung: Bei juristischen Personen (GmbH und Co. KG, AG etc.), die im Sinne von § 19 Abs. 2 InsO überschuldet sind, besteht gemäß § 15a Abs. 1 S. 2 InsO spätestens sechs Wochen nach Eintritt des Insolvenzgrundes eine Antragspflicht. Bis Ende 2023 wurde diese Frist auf 8 Wochen erhöht. Informieren Sie sich zeitnah bei unseren Spezialisten über Ihre Antrags- und Abgabepflichten, um Ihr Schutzschirmverfahren nicht zu gefährden.

2.

Bestellung eines vorläufigen Sachwalters: Wenn Ihr Antrag genehmigt wurde, bestellt das Insolvenzgericht einen vorläufigen Sachwalter und ordnet die vorläufige Eigenverwaltung gem. § 270 d InsO für Ihr Unternehmen an. Zudem setzt das Gericht die Frist fest, innerhalb derer Sie Ihren Insolvenzplan vorzulegen haben. In der Regel muss dies innerhalb von drei Monaten geschehen.

3.

Erstellung und Umsetzung eines Sanierungsplans: Ihr Sanierungsplan ist das Kernelement in jedem Schutzschirmverfahren. Wird Ihr Plan vom zuständigen Gericht genehmigt, kann Ihre Restrukturierung in Eigenverwaltung beginnen. Nach der Abnahme werden die Maßnahmen zwingend, sodass sich auch die Sanierungsgegner dem Verfahren fügen müssen. Diese rechtskräftige Regelung macht die Verfahrensart zu einem attraktiven Sanierungsinstrument.

4.

Verfahrensabschluss und Auswirkungen auf das Unternehmen: Das Verfahren endet mit einer Gläubigerversammlung, bei der abgestimmt wird, ob der Sanierungs- und Insolvenzplan angenommen oder abgelehnt wird. Damit der Sanierungsplan angenommen und durchgeführt werden kann, ist die sogenannten Kopf- und Summenmehrheit nötig: Hierfür muss zum einen die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Sanierungsplan zustimmen und zum anderen die Summe der Ansprüche der zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der Summe aller abstimmenden Gläubiger betragen. Wenn die Mehrheit erreicht worden ist, kann das Unternehmen mit der geplanten Sanierung beginnen.

Vergleich: Schutzschirmverfahren vs. Regelinsolvenz


Das Schutzschirmverfahren und die Regelinsolvenz sind zwei unterschiedliche Verfahren zur Abwehr einer Insolvenz bzw. drohender Insolvenz für Unternehmen. Der Hauptunterschied zwischen beiden Verfahren liegt in der Verfahrensführung und dem Ziel des Verfahrens.

Schutzschirmverfahren

  • Kommt zum Einsatz, wenn ein Unternehmen drohend zahlungsunfähig ist, aber noch eine realistische Chance besteht, dass die finanziellen Probleme bewältigt werden können.
  • Ziel: Zeit und Schutz vor Gläubigern, um in dieser Zeit eine Sanierung, Restrukturierung oder eine Fortführung des Unternehmens zu erreichen.
  • Kontrolle bleibt bei der Geschäftsführung (Sanierung in Eigenverwaltung).
  • Der Sachwalter besitzt keine Befugnis über Vermögenswerte oder Verträge des Unternehmens und wird lediglich vom Gericht gestellt, um dem Unternehmen bei der Umstrukturierung zu helfen und das Verfahren zu überwachen.
  • Gläubiger haben hier nur begrenzte Möglichkeiten, ihre Forderungen durchzusetzen und müssen warten, bis das Unternehmen das Verfahren erfolgreich abschließt oder in die Regelinsolvenz übergeht, bevor sie eine Befriedigung ihrer Forderungen erhalten können.

Regelinsolvenzverfahren

  • Kommt zum Einsatz, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig ist und keine realistische Chance auf eine Sanierung oder Fortführung der Geschäfte besteht.
  • Ziel: Vermögenswerte bestmöglich zu verwerten und die Gläubiger mit den Erlösen weitestgehend zu befriedigen.
  • Ein externer Insolvenzverwalter erhält die Kontrolle und weitreichende Befugnisse über das Unternehmen
  • Der vom Gericht gestellte Insolvenzverwalter soll dafür sorgen, dass die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens auf faire und gerechte Weise unter den Gläubigern verteilt werden.
  • Gläubiger haben hier ein hohes Maß an Beteiligungsmöglichkeiten und können erwarten, dass ihre Forderungen bedient werden. Sie können Forderungen gegen das Unternehmen stellen und an der Gläubigerversammlung teilnehmen, um über die Verteilung der Mittel mitzuentscheiden.

Ihre Vorteile: Weichen für den Erfolg stellen


Die Vorteile, die Ihr Unternehmen im Schutzschirmverfahren erhält, sind eindeutig und machen das Sanierungsverfahren zu einer attraktiven Möglichkeit:

  • Schutz vor Vollstreckungsmaßnahmen
  • Erhalt Ihrer unternehmerischen Kontrolle
  • Flexibilität bei der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen
  • Potenzieller Imagegewinn für Ihr Unternehmen

Trotz drohender Zahlungsunfähigkeit Kraft und Zuversicht schöpfen 

Das Schutzschirmverfahren ermöglicht Ihnen als Geschäftsführung weiterhin ein proaktives Handeln, mit dem Sie Ihr Unternehmen in Eigenverwaltung aus der Krise führen können. Das stärkt nicht nur den Unternehmergeist und Ihre persönliche Weiterentwicklung, sondern wirft auch ein deutlich positiveres Licht auf das Image Ihrer Firma, als ein reguläres Insolvenzverfahren und schützt die Beziehung zu Ihren Mitarbeitern und Geschäftspartnern.

Erfolgsgeschichte mit Schutzschirm


Ein bekanntes Beispiel für eine erfolgreiche Sanierung durch ein Schutzschirmverfahren ist die Fluggesellschaft Air Berlin. Nachdem Air Berlin über einige Zeit hinweg finanziellen Schwierigkeiten ausgesetzt war, beantragte sie im August 2017 ein Schutzschirmverfahren. Die Fluggesellschaft bekam unter dem Schutzschirm die Möglichkeit, sich zu sanieren und zu restrukturieren. 

Innerhalb des Schutzschirmverfahrens konnte Air Berlin Zeit gewinnen und erfolgreiche Verhandlungen mit der Lufthansa führen, ohne von Gläubigern gezwungen zu werden, das Unternehmen sofort zu liquidieren.

Durch die Sanierungsmaßnahmen konnte Air Berlin gerettet werden und zumindest teilweise den Forderungen seiner Mitarbeiter und Gläubiger nachkommen.

Mögliche Nachteile und Risiken


Obwohl das Schutzschirmverfahren ein nützliches Instrument sein kann, um Unternehmen bei drohender Zahlungsunfähigkeit zu helfen und vor der Insolvenz zu retten, kann es auch Nachteile und Risiken bergen. 

Ein möglicher Nachteil kann die begrenzte Schutzfrist von drei Monaten sein, innerhalb derer, das Unternehmen sich erfolgreich sanieren und restrukturieren muss. Können in dieser begrenzten Zeit keine ausreichenden Fortschritte erzielt werden, droht dem Unternehmen die Regelinsolvenz. 

Ein weiteres Risiko des Schutzschirmverfahrens besteht für die Gläubiger, die innerhalb des Schutzschirms nur begrenzte Möglichkeiten haben, Ihre Forderungen durchzusetzen und davon abhängig sind, ob das Unternehmen seine Sanierung erfolgreich durchführen kann. 

Natürlich kann auch die Reputation des Unternehmens Schaden nehmen, da es sich beim Schutzschirmverfahren um ein öffentliches Verfahren handelt und somit bekannt wird, dass eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung droht. Dies kann das sich schädlich auf das Vertrauen von Kunden und Geschäftspartnern auswirken und somit zusätzlich geschäftsschädigend wirken. Dennoch ist festzuhalten, dass das Schutzschirmverfahren deutlich positiver gewertet wird als die Regelinsolvenz.

Erfolgreich aus der Krise: mit Schutzschirm für Unternehmen

Wenn sich Ihr Unternehmen in der Krise oder in finanziellen Schwierigkeiten befindet, sollten Sie das Schutzschirmverfahren als mögliche Sanierungsoption prüfen lassen. Der geschützte Insolvenzplan und die Eigenverwaltung sind nur einige der Vorteile, die das Schutzschirmverfahren zu einer hoffnungsvollen Möglichkeit machen, Ihr Unternehmen nachhaltig zu restrukturieren. Als erfahrene Wirtschaftskanzlei führen wir Unternehmen regelmäßig erfolgreich aus drohenden Insolvenzen und beraten Sie gerne umfassend zu den passenden Optionen, um Ihr Unternehmen wieder profitabel und sicher zu machen.


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Armin Rezaei Nia

 Über den Autor

ARMIN REZAEI NIA

Unternehmensberater

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